Produktisierung: ideale Ergänzung für Dienstleistungen

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Das letzte Jahr hat uns allen gezeigt, wie unser Alltag in die digitale Realität übersetzt werden kann. Virtuelle Meetings gehören nun zur geschäftlichen Routine. Das Homeoffice ist ganz normaler Arbeitsalltag und digitale Kollaborationstools sind nicht mehr wegzudenken. Wieso also nicht auch auf die Produktisierung von Services zurückgreifen und Dienstleistungen als digitales Produkt anbieten? 

Die Service-Branche befindet sich im Wandel. Lineare Anbieter-Kunde-Beziehungen werden zu komplexen Business-Ökosystemen. Eine zunehmende Netzwerkorientierung sowie die zunehmende Virtualisierung von ganzen Unternehmen erfordern ein grundlegend neues Verständnis von Dienstleistungen. Die Produktisierung von Service, also die Ergänzung und (teilweise) Substitution durch ein digitales Produkt, ist eine spannende Möglichkeit, das klassische Dienstleistungs-Geschäftsmodell zu erweitern. Aber was macht einen Service überhaupt aus? Und welche Vorteile bringt ein (digitales) Produkt mit sich? Ein Vergleich. 

Produktisierung_Service-Eigenschaften

Service-Eigenschaften: hohe Individualität bei geringer Skalierbarkeit 

 1.     Immaterialität 

Dienstleistungen sind immaterielle Güter. Kund*innen haben deshalb vor der Kaufentscheidung keine direkten Ansatzpunkte zur Bewertung und können die Qualität der Leistung kaum beurteilen. Bei der Entscheidung müssen sich die Käufer*innen auf das Leistungsversprechen des Unternehmens und das gewonnene Vertrauen in dessen Fähigkeiten verlassen. Somit stellen Dienstleistungen ein reines Vertrauensgut dar. Daraus resultiert eine relativ große Unsicherheit.  

Aus dem Merkmal der Immaterialität ergeben sich zwei so genannte akzessorische Besonderheiten, die Nichtlagerungsfähigkeit und die Nichttransportfähigkeit von Dienstleistungen. 

a.     Uno-actu-Prinzip/Nichtlagerungsfähigkeit  

Der Zeitpunkt der Produktion und des Konsums ist bei Dienstleistungen identisch. Sie können also nicht vorproduziert werden. Somit ist die Leistungserbringung untrennbar an (mindestens) eine Person gebunden. 

b.     Nichttransportfähigkeit 

Dienstleistungen sind in der Regel standortgebunden. Anbieter*innen und Nachfrager*innen müssen bei der Erstellung von Dienstleistungen also räumlich und zeitlich aufeinandertreffen.  

2.     Individualität 

Dienstleistungen sind individuelle Leistungen. Aufgrund der meist personalintensiven Leistungserbringung, den individuellen Anforderungen der Nachfrager*innen sowie den individuellen Fähigkeiten der dienstleistenden Personen kommt jeder Leistungsprozess zu einem anderen Ergebnis in Zeit und Qualität. Trotz Standardisierung gibt es eine detailgetreue Wiederholung häufig nicht. 

3.     Existenz eines externen Faktors 

Ohne die aktive Mitwirkung der Auftraggeber*innen ist die Leistungserbringung durch das Unternehmen kaum möglich. Aufgrund der Vielfältigkeit der Dienstleistungen können die Art und die Intensität dieses interaktiven Geschehens stark variieren. Kund*innen haben dadurch einen nicht unwesentlichen Anteil an der Qualität des Ergebnisses. Das wiederum hat Auswirkungen auf die Koordination und das Angebot von Dienstleistungen. Dienstleistungserbringer*innen können sich so nur eingeschränkt an Nachfrageschwankungen anpassen. 

Eigenschaften digitaler Produkte: 
Messbarkeit, Skalierung und Copy-Cats 

Dienstleistungen können genau wie physische Produkte produktiv gemacht werden. Die Produktisierung stellt dabei den Prozess der Entwicklung oder Veränderung einer Serviceleistung dar, um sie als digitales Produkt marktfähig zu machen.  

Dazu lohnt es sich übrigens auch meinen Beitrag über Produktisierung zu lesen. 

Digitale Produkte bieten im Vergleich zu analogen Dienstleistungen eine Vielzahl an Möglichkeiten, einen Mehrwert für Kunden zu schaffen, den Umsatz zu steigern und die Differenzierungsmerkmale gegenüber Mitbewerber zu erhöhen. Aber durch welche Eigenschaften gelingt das?  

Produktisierung_Eigenschaften-digitaler-Produkte

1.  Immaterialität 

Digitale Produkte sind wie Dienstleistungen immaterielle Güter, die man weder sehen noch anfassen kann. Ihre Qualität kann daher meist erst vollständig nach dem Konsum beurteilt werden. Durch Produktisierung einer Dienstleistung erhalten Kunden allerdings eine größere Transparenz, da sich Produkte eindeutig beschreiben lassen. Außerdem können Käufer*innen auf die Erfahrungen anderer Nutzer*innen zurückgreifen. 

a.     Lagerungsfähigkeit 

Die Leistungserbringung von digitalen Produkten ist im Gegensatz zu Dienstleistungen nicht an eine andere Person gebunden. Kund*innen können durch die digitale Verfügbarkeit selbstständig und ohne Support darauf zugreifen. Das ist möglich, da das Produkt lagerungsfähig ist und sich beispielsweise in der Cloud hosten lässt.  

b.     Transportfähigkeit bzw. Verfügbarkeit 

Services, die als digitales Produkt zur Verfügung gestellt werden, sind jederzeit und von überall verfügbar, unabhängig vom Zusammentreffen von Anbieter*innen und Nachfrager*innen. Der Zugriff von unterwegs kann idealerweise über eine mobile Version erfolgen, die für die Darstellung auf dem Smartphone oder Tablet optimiert ist. Dadurch sind sie anders als Dienstleistungen transportfähig und müssen nicht am Ort ihrer Erstellung konsumiert werden. 

2.    Standardisierbarkeit  

Digitale Produkte lassen sich einfach standardisieren und dadurch vervielfältigen. Das hat den Vorteil, dass mehrere Kund*innen gleichzeitig auf das Produkt zugreifen können. Änderungswünsche können schnell und kostengünstig umgesetzt werden. Ein Nachteil dabei ist allerdings, dass Dritte sie aufgrund ihrer Beschaffenheit teils mit überschaubarem Aufwand – oft auch illegal – kopieren können. 

3.     Skalierbarkeit 

Die Verfügbarkeit digitaler Produkte lässt sich ausgezeichnet skalieren und dynamisch an die Nachfrage anpassen, da dieselbe Lösung an mehrere Kund*innensegmente mit minimalem Zeitaufwand für die Anpassung verkauft werden kann. Dadurch reduziert sich nicht nur die Ressourcenabhängigkeit, es wird ebenfalls eine schnellere und größere Marktdurchdringung unterstützt. 

4.     Messbarkeit 

Die Nutzung digitaler Produkte ist umfangreich und detailliert messbar. Moderne Tracking-Tools ermöglichen es, die vollständige Customer Journey – von der Awareness bis zur Leistungs-Phase und darüber hinaus – nahtlos und detailliert zu erfassen. Dabei steht nicht nur ein einzelnes Kundenfeedback zur Verfügung, sondern es kann auf die Daten mehrerer Kunden zurückgegriffen werden. So können die Dienstleistungsanbieter*innen das Nutzungsverhalten leicht feststellen und das digitale Angebot zielgerichtet optimieren. 

5.     Multilingualität 

Digitale Produkte bieten die Möglichkeit den Service in jeder Sprache zur Verfügung zu stellen. Alle Benutzer*innen des Systems sind also in der Lage sich eine geeignete Sprache auszuwählen. 

Fazit: Produktisierung als ideale Ergänzung

Die Produktisierung von Dienstleistungen bietet Potenzial für eine echte Revolution. Sie liefert nicht nur zahlreiche Mehrwerte für Endkunden, sondern stellt auch eine strategische Erweiterung für Unternehmen dar. Durch die Ersetzung analoger Lösungen durch digitale Versionen oder die Ergänzung digitaler Funktionen und Features eröffnen sich weitere Möglichkeiten zur Monetarisierung und Vermarktung. 

Produktisierung_ideale-Ergänzung

Der Weg von der Dienstleistung hin zum digitalen Produkt ist dabei nicht weit. In beiden Fällen handelt es sich um ein immaterielles Gut, dass von Erfahrungen und dem Vertrauen der Kund*innen profitiert. Services, die in Form eines digitalen Produkts zur Verfügung stehen, sind allerdings unabhängig von der dienstleistenden Person. Dadurch können sie selbstständig und zu jeder Zeit genutzt werden. 

Eine Standardisierung reduziert außerdem deutlich die Gesamtkosten im Verkaufszyklus reduziert. Da außerdem auf das Feedback mehrerer Kunden zurückgegriffen werden kann, ist es einfacher, das Nutzungsverhalten herauszufinden und das Produkt zu optimieren. Dass dieselbe Lösung an mehrere Kund*innen mit minimalem Zeitaufwand für die Anpassung verkauft werden kann, bietet auch ein enormes Skalierungspotenzial.  

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